Am Anfang
war ein Feuer
Beim Betreten der Messerschmiede
spüren wir die Kälte des grauen Januarmorgens.
Eine Heizung gibt es in der alten
Industriehalle
nicht. Der durchgehende
Stahlboden
tut sein Übriges. Beginnende
Wärme verspüren
wir erst, als wir uns der
Esse nähern, in der ein Stahlverbund
zum
Glühen gebracht
wird – aber auch mit zunehmendem
Eintauchen
in die Gedanken
des Damaszenerschmieds.
WENN ES SEINE KRAFT ENTFALTET, DU DEIN EISEN AUF
ROTGLUT GEBRACHT HAST – DANN BEGINNT ES
Wir besuchen Thomas Brunne, der sich aus frühkindlicher
Prägung
der Bearbeitung
von Messerklingen
verschrieben
hat.
Der Großvater
besaß seinerzeit
einen Kunstschmiedebetrieb
im westfälischen
Hattingen. „Obwohl ich nicht durfte, bin ich
so oft es ging, in die Werkstatt
gelaufen und war fasziniert
von
der Atmosphäre
dort. Hitze, Rauch, die trockenen, metallischen
Schmiedeklänge
und sicher auch verschiedenste
Gerüche beeindruckten
mich“, berichtet er. Früh lernte er daher auch, dass
durch handwerkliches
Geschick eine ungeahnte
Formenvielfalt
entstehen
kann.
DU BIST NICHT MEHR DERJENIGE, DER DU MAL WARST
Hauptsächlich
fertigt Thomas Klingen aus Damaszenerstahl.
Eine Arbeit
von 60 bis 70 Stunden
liegt vor ihm, wenn er beginnt,
ein Paket aus sieben oder neun Lagen unterschiedlichster
Stähle erstmalig
auf die Schmiedetemperatur
von etwa 1.150 °C
zu erhitzen.
Dieser Stahlverbund
wird anschließend
auf dem
Lufthammer
ausgereckt,
danach geteilt,
gefaltet,
tordiert
und
erneut verschweißt.
Da sich dieser Vorgang
mehrfach
wiederholt,
werden
auf diese Art Hunderte
von Lagen für die spätere
Klinge erzeugt, in der Härte und Zähigkeit
vereint sind.
Früher hat Thomas aus skandinavischen
Klingen Messer gefertigt,
erst später hat er sich an die erste selbstgeschmiedete
Klinge, noch viel später an die erste Damaszenerklinge
gewagt.
MENSCHEN UND WERTE
78 massivUMFORMUNG | MÄRZ 2019